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„Und je weiter er ging, desto länger war sein Rückweg.“ So lautet ein Zitat von C. C. S. Crone, einem der literarischen Meister Utrechts, über die Anziehungskraft der Stadt. Wenn Sie einmal in dieser UNESCO-Stadt der Literatur waren, werden Sie immer wiederkommen wollen.

Stellen Sie sich vor: eine Stadt mitten in Holland mit einer Geschichte, die nahezu zwei Jahrtausende zurückreicht. Eine Großstadt, die die Atmosphäre einer Kleinstadt bewahrt hat und heute als viertglücklichster Ort der Welt bekannt ist. Das ist Utrecht. Eine Stadt mit den allerschönsten Grachten, mit 340.000 Einwohnern, die aus 159 Ländern stammen. Eine Stadt mit einladenden Plätzen und Gassen voller uriger Cafés, Kaffeehäuser, Weinbars und großartiger Monumente, die ein echter Blickfang sind. Schön, nicht wahr? Eine typisch niederländische Stadt, wie sie in Reiseführern gerne abgebildet wird. Aber schauen wir uns weiter um, denn Utrecht ist die Stadt der unerwarteten Schätze. Sie hält für Besucher wie Einwohner ständig Überraschungen bereit.

Eine römische Siedlung bildet das Fundament für Utrecht. Der Rhein durchzieht die Stadt mit zahllosen blaugrünen Adern. Es sind jedoch nicht nur die verzweigten Wasserwege, denen die Stadt ihre Vitalität zu verdanken hat, sondern auch die Literatur, die in Utrecht auf Ihren Rundgängen unter Ihren Füßen wächst. Literarische Texte tauchen an jeder Ecke vor Ihren Augen auf: auf Hausfassaden, Tafeln, Gedenksteinen und Straßenlaternen. Jeden Samstag meißelt ein Steinmetz einen Buchstaben eines Endlosgedichts mit dem Titel „De Letters van Utrecht“ (Die Lettern von Utrecht) in die Pflastersteine entlang der Straßen, der jedesmal von einem anderen Dichter der Utrechter Dichtergilde gestiftet wird. Wörter entstehen so über Monate hinweg, für Sätze braucht es Jahre.

Utrecht ist die Heimat hunderter Schriftsteller, Dichter und Journalisten. Die Stadt verfügt über ein ausgedehntes Netz von Buchhandlungen und Bibliotheken, die größte akademische geisteswissenschaftliche Fakultät und ist Sitz des größten Verlags der Niederlande. Virginia Woolf besuchte die Stadt in den 1930er-Jahren und zeigte sich beeindruckt vom überwältigenden Angebot an Büchern: “A huge range of bookshops, with just as many English, French and German books as Dutch ones.” (Eine Fülle von Buchhandlungen mit ebenso vielen englischen, französischen und deutschen wie niederländischen Büchern.) Vor allem aber kommt der literarische Charakter Utrechts in einer großen Zahl literarischer Veranstaltungen zum Ausdruck, die in der Stadt allgegenwärtig sind: Literaturabende praktisch überall, selbst in Tanzlokalen und Kneipen, Rundgänge mit Straßenpoetik und literarische Meister, die im Literaturtheater Salon Saffier zum Leben erweckt werden. Das ganze Jahr über finden tagtäglich große und kleine literarische Veranstaltungen statt. Het Literatuurhuis (Das Literaturhaus) ist die federführende Vereinigung für literarische Veranstaltungen in Utrecht. Das derzeitige Utrechter UNESCO-Literaturstadtbüro befindet sich ebenfalls im Literaturhaus: ein charakteristisches Grachtenhaus an der Oudegracht (Alte Gracht), das Platz für das Büro bietet und auch ein kleines Theater beherbergt, in dem jede Woche literarische Aktivitäten zu erleben sind. Alljährlich veranstaltet das Haus im September das International Literature Festival Utrecht (ILFU – Internationales Literaturfestival Utrecht). Auf diesem Festival traten Nick Cave, Michel Houellebecq, Paul Auster und PJ Harvey gemeinsam mit Hunderten internationaler Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Künstler und Musiker auf. Die „Nacht van de Poëzie“ (Nacht der Poesie), die größte Poetikveranstaltung der Niederlande, ist Bestandteil des ILFU-Festivals. Es findet seit 1980 jedes Jahr in der Konzerthalle TivoliVredenburg statt und ist inzwischen zu einer Ikone der literarischen Darbietungen geworden. Die Veranstaltung dauert rund acht Stunden und präsentiert vor rund 2.000 Zuschauern Darbietungen von 20 Dichtern im Wechsel mit musikalischen Zwischeneinlagen.

Die Stadt war in literarischen Dingen immer ein Vorreiter. Zu ihren literarischen Vorzeigewerken gehören das Utrechter Psalter (830 n. Chr.), die berühmteste mittelalterliche Handschrift der Niederlande (in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen), und das erste gedruckte Buch der nördlichen Niederlande (1473). Das günstige literarische Klima zog Schriftsteller und Denker wie Descartes, Locke und Hegel in die Stadt, und bereits im 16. Jahrhundert gehörten Frauen als Schriftstellerinnen den intellektuellen Kreisen an. Es ist ein wunderbarer Umstand, dass diese denkmalreiche Stadt zugleich auch eine der jüngsten ist: 70 % ihrer 340.000 Einwohner sind jünger als 45 Jahre! Eine breite Palette von Schulen und Universitäten sorgt für einen ständigen Zustrom junger Leute. Infolgedessen weht ein jugendlicher, unternehmungsfreudiger Geist durch sein altes Stadtzentrum. „Utrecht, die Stadt, wo man lesen lernt“ lautet das Motto unserer Stadt der Literatur, und nicht zufällig ist Miffy unser literarisches Maskottchen: 85 Millionen Exemplare der Miffy-Bücher des weltberühmten Utrechter Autors und Künstlers Dick Bruna wurden verkauft und haben Millionen von Kindern das Lesen beigebracht.

Mit einer neuen Generation von Schriftstellern und Dichtern, den zahlreichen Buchhandlungen und Verlagen, den vielen literarischen Veranstaltungen und ihrer 1300jährigen literarischen Geschichte ist die Stadt ein sicherer Ort für die niederländische Literatur und war es immer schon. Als UNESCO-Stadt der Literatur möchte Utrecht ein internationaler literarischer „Angelpunkt“ sein, ein Ort, an dem man lesen lernen, Schriftstellern begegnen und neue Bücher aus aller Welt entdecken kann.